In diesem Jahr habe ich in vielen Kursen und Gesprächen gehört, dass es vielen leider sehr schwerfällt mit dem Malen anzufangen bzw. überhaupt einen Raum zu schaffen um Malen zu können. Im Außen und vielleicht auch in sich selbst.

Ich habe Zuhause keinen Platz für Leinwände, Farben, Arbeitsmaterial, Papier....keine Zeit, weil die Kinder, die Arbeit....

Mein Platz Zuhause ist viel zu klein, der Geldbeutel ist zu klein, ich habe keine Ideen, ich möchte so gerne malen aber ich weiß nicht wie...

oder auch: mein Zuhause ist groß, ich habe mir extra ein großes Zimmer als Atelier mit allem drum und dran schön eingerichtet aber ich kann nicht malen....

Wie finde ich Inspiration, wie kann ich die Angst vor der weißen Fläche überwinden? Wie kann ich, auch nach langer Pause, mit freiem Malen überhaupt wieder anfangen?

Wie kann ich leicht in Malprozesse eintauchen und sie auch wieder gut abschließen?

Und was brauche ich überhaupt Zuhause um Malen zu können?

All diese Fragen kann man gar nicht pauschal beantworten weil Kunst soetwas persönliches ist von jedem einzelnen, ich möchte versuchen Euch ein paar Ideen und Beispiele zu geben, auch dadurch, wie ich male.

Ich lade Euch immer zu einem Geschehen ein, in all meinen Kursen geht es immer darum, Raum, auch innerlich einen Raum zulassen zu können, indem Kunst einfach und echt geschehen kann. Kunst, im Sinne von einer Reise, einem Malprozess, einem Geschehen. Das wiederhole ich auch gerne oft wie eine Schallplatte, weil ich weiß und vorallem weil ich es erleben darf, wie glücklich, heilsam und wie wichtig es für Menschen ist, frei malen zu können.

Egal welchen Alters.

Indem man etwas aus sich herausbringen kann, egal was es gerade ist. Sinneseindrücke, Bilder, Stimmungen... aus einem Spaziergang ist das zB immer sehr einfach auf die Leinwand zu bringen weil es zB konkrete Momente gibt, die man in das Malen ganz direkt und schön mitnehmen kann, zB das Orange von einem Schwanenschnabel, die Windbewegung von Blättern, wie sich etwas bewegt, ins Wasser hängt, wie Strukturen sind und auch wie sie sich anfühlen...

Die Übergänge auf Leinwänden haben immer auch eine Entsprechung zB an den Übergängen am See ins Wasser, was man dort sieht, wie etwas ineinander fliesst, sich berührt, oder wie grüne Seegräser sich schlängeln und bewegen unter dem Wasser wenn man eine Brücke auf einen Fluss herunterschaut, wie das Grün sich verändert mit Sonne,wie Wassertropfen an einem Entengefieder abperlen, diese Eindrücke, Farben... das kann sich alles wunderschön auf der Leinwand weiterführen...das kann man einfach alles sehr schön mitnehmen und man findet in der Natur immer etwas, was einen berührt, was man leicht ausdrücken kann. Und man findet in ihr immer mehr, als man gesucht hat. Auch wenn man lange nicht mehr gemalt hat, kannst Du da sehr leicht Inspiration finden. Oder man kann im freien abstrakten Malen auch schön eine Farbe ausdrücken, die einen schon lange begleitet, what ever...und ein Bild muss nicht in einem mal, in einer halben Stunden fertig werden. Kann es aber auch. Nimm Dir immer die Freiheit und die Zeit so zu malen, wie Du bist.

Den Zufall einladen heißt nichts anderes, als offen zu sein, für das, was jetzt gerade ist, vielleicht fallen einem ein paar Zeitschriften vor die Füße und so fängt eine Collage an. Man sucht halt nicht konkret nach etwas, sondern nimmt diesen Zufall einfach so an.

Abstraktes, freies Malen bedeutet immer auch, sich einlassen und vielleicht auch seinen Plan ein Stück weit loszulassen, auch die Materialien dazu. Man braucht keine teuren Marken Leinwände, teure Farben, Pinsel usw. macht Eure Küchenschubladen auf, es ist bereits alles da, was man braucht, um Zuhause schön und entspannt malen zu können. Einfach anfangen!

Haltet es einfach wenn ihr zB schon lange nicht mehr gemalt habt, einfach anfangen, morgens im Schlafanzug einfach ran an die Farben! Das ist immer eine Reise und für jede Reise brauchen wir Mut und umso weniger perfekt man vor seiner Leinwand steht umso leichter kommt man in dieses Geschehen hinein.

Tortenheber, Teigschaber, können Spachtel sein, Schwämme, Bürsten, Kämme, Gabel...können Strukturen machen, was alles nicht weniger gut ist. Man braucht keine perfekte Ausrüstung, es macht natürlich auch Spaß mit hochwertigem Material zu arbeiten oder zB Farben von Lascaux zu verwenden, klar, aber ein gutes Bild, was einen zufrieden macht, was einen befreit, braucht keine teuren Dinge!

Das ist wie beim Kochen, beim Lieben, beim Reisen...Unabhängig, davon, ob man Zuhause ein eigenes Malatelier eingerichtet hat oder sich nur für eine Stunde einen freien Platz am Familientisch erkämpft hat. Zuhause zu malen ist immer schön weil man immer absolut sich selbst sein kann und dann leicht in einen freien schönen Malprozess eintauchen kann.

In meinen Kursen lernt ihr viele leichte Übungen kennen, die man jederzeit und überall nutzen kann wenn man nicht über die weiße Fläche hinauskommen kann. Zuhause kann man sich viele Hilfen oder Möglichkeiten angewöhnen, wenn man nicht sofort in die Farben eintauchen kann: Dinge bewusst bewegen, verändern, bewusst Maschinen, Waschmaschine anmachen, Dinge öffnen, Schubladen, Küchenschränke, Türen, Fenster, Deckel, Schraubverschlüsse, Schmuck ablegen,...Knoten aufmachen, Haarklammern, ausschütten, Dinge, usw.

Zuhause kann man ganz vieles sehr bewusst nutzen um Energie in Bewegung zu bringen, um Energie ins Fließen zu bringen. Gewöhnt Euch Möglichkeiten an, die Euch persönlich helfen können, das muss zu Euch passen, um über die weiße Fläche hinwegzugehen, es spielt keine Rolle, wie, mit welcher Farbe man anfängt aber es ist wichtig in diesen Freiraum zu kommen!

Es kann einem auch reichen, nur eine Haarklammer aufzumachen und die Haare offen fallen zu lassen oder die Ofentür aufzumachen und einen Scheit Holz nachzulegen, alles hilft hier, was Dich weiterbringt, zuhause gibt es unzählige Möglichkeiten, Musik, im Schlafanzug zu malen...um möglichst lose und frei ins Malen hineinzukommen. Umso mehr Brücken man kennt, die man nutzen kann,  umso weniger hat man noch eine Hürde den Weg auf die Leinwand zu gehen.

Um in Malprozesse einzusteigen braucht man immer Mut, und eine gewisse Zeit,man braucht immer diesen Moment über die weiße Fläche zu gehen, da braucht man manchmal eine Brücke, die kann ich Euch in den Kursen bauen aber nicht jeder möchte in einer Gruppe malen. Andere widerum brauchen eine Gruppe beim Malen um sich auszutauschen.

Man ist mit seiner Leinwand immer ein kleines Liebespaar, es geht fast nicht anders beim Malen und als Liebespaar küsst man sich auch nicht immer gerne in der Öffentlichkeit. So malt nicht jede/r gerne in einer Gruppe, ich meistens auch nicht, sondern lasse liebend gerne die Rollos zu wenn ich male, einfach weil es sehr persönlich ist wenn man in diese Prozesse hineingeht. Und da kann man oft auch keine Meinungen von anderen gebrauchen weil das stört.

Wir tauchen in diesen Malkursen immer ein aber wir schließen diesen Raum auch wieder. Bei allen künstlerischen Prozessen ist es wichtig, sie auch wieder deutlich und gut für sich selbst abschließen zu können.

Manche waschen dafür ellenlang ihre Pinsel aus oder räumen bis ins Detail ihren Arbeitsplatz sauber, wie nach dem Kochen, es ist egal wie ihr Euren Malprozess abschließt aber gewöhnt Euch Möglichkeiten an, wieder gut daraus aufzutauchen. Und versäumt das nicht, sonst kann man sich verlieren und dann verliert man aber auch den Mut, wieder gut in diese Malprozesse wieder neu einzutauchen. Dann wird das Malen anstrengend und verliert seinen freien Fluss...

Es ist toll wenn man für jede Farbe 1 extra Pinsel nehmen kann, ganz einfach weil man seine Reise, sein Geschehen den flow nicht andauernd unterbrechen muss, um wieder Pinsel auszuwaschen aber auch das ist letztlich nicht entscheidend. Es ist halt schön, es ist ja auch beim Kochen, beim Lieben, beim Radfahren schön, wenn man das Geschehen nicht immer unterbrechen muss.

Es ist wirklich vollkommen egal, absolut egal wie man anfängt, wichtig ist, dass man anfängt.

Wenn man die Stimme in sich hört, ich kann nicht malen, dann male!!!! Male solange, bis diese Stimme aufhört !

Das ist wichtig. Vertraue darauf, die wird aufhören. Es gibt immer mal Momente, da kann man halt nicht malen, genauso wie es Momente gibt, da kann man nicht sprechen oder schreiben. Da kann man sich auf den Kopf stellen oder die Leinwand zerreissen, es geht halt nicht. Aber das darf man niemals so stehenlassen, es wird andere Momente geben und dann kann man zB das Bild wieder weitermalen.

Ich wünsche Euch, dass ihr die Inspiration, die Freude über Eure ureigene Kreativität, die ihr mir in den Kursen zeigt, weiterentwickelt, ihr einen Raum, eine Zeit dafür gebt. Es braucht nicht soviel dafür, wie viele von Euch meinen. Schaut in Eure Küche, es ist sicher alles da, was man braucht. Es gibt günstige Farben und Leinwände.

Inspiration zum freien,abstrakten Malen:

Was ist überhaupt freies abstraktes Malen?

Wir stellen nichts mehr dar, kein Meer, kein Haus, keine Stadt, wir deuten im abstrakten Malen auch nichts mehr an. Keine Landschaft, keinen Horizont keine Lichter, wir gehen nur in diesen inneren Raum, in dem man Farben, Eindrücke, Gedanken, Gefühle, Bilder, Sinneseindrücke usw.alles vielleicht über Monate hinweg, in sich gesammelt hat.

Ich habe zB schon länger im Watt draußen mal ganz schwarzen total schönen, Sand entdeckt, als er trocken war, wurde er wieder sandfarben. So eine Farbe, schwarz, in solchen Momenten, wenn man schon öfters gemalt hat, wird einem klar,okay das ist vielleicht ein Anfang, das hat jetzt eine Bedeutung für mich und diese Farbe wird einen noch irgendwo hinführen, man ahnt es aber in sich nur, und bis manche Dinge dann schlussendlich sichtbar werden auf der Leinwand, vergeht meistens eine gewisse Zeit. Und man reist eine Weile zb mit schwarz, irgendwohin, man weiß noch nicht wohin.

Oder vielleicht geht es Dir mit gelb gerade so, oder mit rosa? Bei einzelnen Farben ist es oft so, die fallen einem dann oft auf, das ist immer eine kleine Reise mit einer Farbe,bis man dann etwas malen kann und man kann viel anderes dazwischen ausdrücken und dann greift wieder was auf. Das ist ein halt einfach auch Geschehen. Diese Eindrücke sind alle miteinander im Fluß und verbinden sich.

Möglichst locker und frei Malprozesse zu eröffnen, einzutauchen in das Geschehen, diesen inneren Raum mit seinen Gefühlen, Bildern usw. zu betreten und sich dem Malen hinzugeben ist genauso wichtig, wie auch wieder aus diesem Raum rauszugehen.

Es ist wichtig, kreative Prozesse immer sauber und ordentlich abzuschließen. Wie man nach dem Kochen seinen Arbeitsplatz wieder aufräumt, die Dinge wäscht, aufräumt, sortiert, genauso sollte man sich Möglichkeiten angewöhnen um Malprozesse wieder abzuschließen.

Was meistens genauso lange dauert, bis das Bild vollständig trocken ist. Nehmt Euch Zeit, wieder gut aus dem Geschehen aufzutauchen. Alles hilft hier, was man zuhause jetzt wieder schließen kann, die Schubladen und Schiebetüren, einen Sonnenschirm bewusst schließen, Heizungen ausmachen, Türen abschließen, gewöhnt Euch das an, was zu Euch persönlich passt um wieder gut aus schöpferischen Prozessen herauzukommen.

Wenn man den ganzen Tag intensiv gemalt hat, ist es zB wohltuend vor dem Haus zu kehren, egal, auch wenn das solange dauert bis man jeden Pflasterstein einzeln kennt. Jeder kreative Prozess braucht seine Zeit, bis er wieder in einem stillsteht und umso ordentlicher man es abschließen kann umso leichter und freier kann man sich für sein nächstes Bild wieder öffnen.

Kreative Prozesse gehen immer ineinander über, es kann sein, man setzt sich nach dem Kehren auf eine Bank im Stadtgarten und findet einen kleinen Zettel von einem Glückskeks zwischen der Bank eingeklemmt und der Satz führt einem dann zu einer Collage, einem neuen Bild, heute morgen oder wann immer, kreative Prozesse wie Malen brauchen immer Raum und Zeit, dass man schön in sie eintauchen kann und auch die Zeit um bewusst wieder rauszugehen um sich wieder anderen Dingen zuzuwenden. Und neue Inspirationen sind wirklich überall und in allem wenn man sich für diese schöpferischen Prozesse in seinem Leben öffnet.

Abstraktes freies Malen gibt einem keinen Plan vor wie zb beim Zeichen. Es ist ja auch eine persönliche Art die Welt zu sehen oder zu empfinden. Wo abseits ist von Maltechniken, von richtig und falsch. Ich finde es gibt einem mit die größte Freiheit zu Malen und es ist eine sehr persönliche Art jedes einzelnen, so zu malen.

Man kann zb ein Bild sehen, was einfach schwarz ist. Ein schwarzes Bild. Oder man kann die Dunkelheit auf nackter Haut sehen. Man kann das fühlen, was das bedeutet. Kunst ist so. Ein anderer sieht Schwarzwurzeln, eine Mooreiche, oder einen Menschen, der schwarz angezogen ist darin oder einen schwarzen Bildschirm oder egal, was auch immer. Für einen ja wieder anderen Mensch ist ein schwarzes Bild einfach das was es ist, ein Bild, was schwarz ist.

Auch wenn Kinder gerne so malen, mit schwarz, was viele Eltern beschäftigt, das muss nichts trauriges oder irgendwie schlechtes heißen. In jeder Farbe ist Alles. Jede Farbe kann Alles sein. Lasst Euren Kindern die Freiheit so zu malen, ganz egal mit welchen Farben es möchte. Und wenn am Ende das Bild braun und verschmiert ist, ist es eben so. Ich finde es so wichtig, dass Kinder das von Anfang an in ihrer Kunst erfahren. Weil es letztlich auch immer wieder eine Begegnung mit sich selbst ist.

Viel Freude beim Malen wünscht Euch von Herzen, Simone

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